Selbsthilfe bei Schüchternheit und sozialer Phobie

 

NDR-Fernsehen, Abendmagazin "DAS", 11.3.2013

Vorstellung Julian Kurzidim

Von Bettina Lehnert

Anmoderation
Wenn Ihnen beim Gedanken, eine Rede halten zu müssen, kalter Schweiß auf der Stirn steht oder wenn Sie sich in Gegenwart anderer Menschen irgendwie unwohl fühlen, dann kann es sein, daß Sie an starker Schüchternheit leiden. Bettina Lehnert zeigt Ihnen, was man dagegen tun kann.

Filmbeitrag
Vor fremden Menschen eine Rede halten oder einfach mal jemanden auf der Straße ansprechen - das trauen sich nicht viele. 65 Prozent der Deutschen sagen von sich, daß sie schüchtern sind.
Julian Kurzidim gehört zu den 6 Prozent der Menschen, die unter extremer Schüchternheit leiden, unter sogenannter Sozialphobie. Die Angst, abgelehnt zu werden, ist immer da. Er ist gehemmt in der Öffentlichkeit, und er leidet darunter.
J.K.: "Mit diesem Ausgeschlossensein und nicht wissen, wie man da reinkommt, so. Den anderen zugucken und irgendwie deren unbewußte Zusammengehörigkeits-Kommunikation nicht mitbekommen."

Borwin Bandelow ist Neurologe und Psychotherapeut. Der Göttinger ist Experte für Angststörungen. Mit Sozialphobien und Schüchternen hat er sich lange beschäftigt.
B.B.: "Es wurde mal behauptet, daß Schüchternheit gar keine Krankheit sei, daß das die Psychiater erfunden hätten, aber in Wirklichkeit ist es wirklich eine Erkrankung, die sehr viel Leid hervorruft, Menschen mit Schüchternheit oder sozialer Phobie haben große Probleme z.B. einen Partner zu finden, sie sind sehr häufig unglücklich und es gibt eben auch eine höhere Suizidrate unter diesen Menschen."

Julian Kurzidim kennt dieses Problem, und hat viel dagegen unternommen. Vor acht Jahren haben wir ihn schon einmal besucht, damals hat er uns erzählt, daß bei ihm alles im Kindergarten anfing. Er fand keine Freunde. Beim Sport wurde er immer als letzter in die Mannschaft gewählt. Später in der Schule schrieb er Einsen, aber er blieb allein. Und seine erste Freundin traf er erst mit 23. Prüfungsangst und die Angst, nicht genug zu sein, waren auch im Studium ein Problem. 2002 nimmt er seinen ganzen Mut zusammen und gründet in Braunschweig die erste Selbsthilfegruppe für Schüchterne. Von den organisierten Schüchternen traut sich aber keiner mit uns zu sprechen, obwohl es inzwischen 11 Gruppen in Norddeutschland gibt.
J.K.: "Ich muß eben merken, die Leute können mich eben akzeptieren oder verstehen oder zumindest akzeptieren, daß ich so bin wie ich bin, und das hilft mir dann, die Offenheit zu finden, die man für eine Freundschaft auch braucht. Ich kann sagen, das kann ich sagen, die zwei Frauen, die ich in den Jahren nach dem Beitrag hatte, die hatte ich eigentlich auch dadurch von mir überzeugt."

Der 35-jährige Sozialpädagoge stellt hohe Anforderungen an sich, will immer sehr gut sein in dem, was er tut. Weit verbreitet bei schüchternen Menschen.
B.B.: "Es gibt ja sehr viele Schauspieler, grad so die guten wie Robert de Niro, Tom Hanks oder Nicole Kidman, die früher dachten, daß sie extrem schüchtern sind in der Schulzeit und haben das in ihren Autobiographien so geschildert, und die haben sich dann sozusagen selbst therapiert, indem sie dann schließlich auf dem roten Teppich gelandet sind."
Zur Selbsttherapie hält Julian Kurzidim Vorträge über Schüchterne, sonst arbeitet er als Briefträger, trotz seines Studiums. Aber er will mehr.
J.K.: "Wie man sich als Kind das so vorstellt, Beruf, Frau, Kinder, Wohnung, das kommt ja alles nicht von automatisch. Da ist noch einiges, was ich nachholen muß im Leben und, nicht muß, aber will..." Und das wird auch noch kommen. Denn bis jetzt hat er schon viel erreicht, trotz und mit seiner Schüchternheit.

Abmoderation und Gespräch mit dem Studiogast Daniel Küblböck
Ungewöhnlicher Mann, kann man garnicht anders sagen - Daniel Küblböck hat auch fasziniert gelauscht, waren Sie mal schüchtern?
D.K.: Also 6 Prozent, wundert mich doch, ich dachte, es wären mehr in der Gesellschaft, weil ich kann mich erinnern in meiner Schulklasse, da war ich irgendwie der einzige, der den Mund aufgemacht hat.
Also 6 Prozent, extreme Schüchternheit.
D.K.: Aber 6 Prozent, das bedeutet extrem schüchtern. Ich hätte gedacht, es wären mehr.

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