Selbsthilfe bei Schüchternheit und sozialer Phobie

 

Rundbrief Juni 2008

Titelseite

Inhalt:
   - Infoveranstaltungen
   - Neue Bücher
   - Internetforum
   - Was kann ich tun?

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ZITAT

"Reich ist, wer mehr Träume besitzt, als die Realität zerstören kann."

Graffiti im Bahnhofstunnel von Oebisfelde



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Infoveranstaltungen in mehreren Städten

Im Jahr 2008 sollen die Infoveranstaltungen häufiger stattfinden und überarbeitet werden. Die ersten beiden des Jahres fanden bereits statt.
Den Vortrag habe ich erweitert, auf 40 Minuten ausgedehnt und neu strukturiert - ich betrachte ihn als Übung, ähnliche Veranstaltungen später gegen Honorar anbieten zu können. Er ist nun in vier Teile gegliedert: Kurzvorstellung des Vereins, Vorstellung der sozialen Angst, Selbsthilfe allgemein (auch ohne Gruppe), Vorstellung einer Gruppe (allgemein). Zusammen mit der Fragerunde muß ich spätestens jetzt keine Angst mehr haben, 90 Minuten zu füllen.

Diesen Vortrag hielt ich zum ersten Mal am 2.4. in Braunschweig. Die Schüchternengruppe dort war durch Austritte, ungünstige Arbeitszeiten einiger Mitglieder usw. sehr klein geworden. So stellte ich mir die Frage: Wieviele Interessierte werden da sein?
Um 19.20 bestand das Publikum aus 27 Personen. Von dieser Zahl war ich so überrascht, daß nicht genug Stühle im Raum waren - und, noch schlimmer, nicht genug Flugblätter und Infohefte.

Ich begann meinen Vortrag mit dem üblichen Hinweis " ich bin selbst so einer", aber das war mir anzumerken, denn ich empfand meine Redeweise an dem Abend als sehr abgehackt, mußte öfter das richtige Wort suchen. Bei dem Thema ist das aber nicht nur erlaubt, sondern auch authentisch. Die anschließende Fragerunde war sehr zurückhaltend. Meine Erfahrung, daß mindstens einer sich öffnet, ließ mich im Stich, womöglich wegen des großen Publikums. Aber auch die Stille war kein Problem: Spontan griff ich zum Heftchen mit Erlebnisberichten und trug einen Text aus dem Buchprojekt vor.

Auffällig war: Manche Teilnehmer des Abends kamen erst nach einem Monat in die Gruppe, und in den Wochen nach dem Abend erreichten mich überdurchschnittlich viele Anfragen nach der Gruppe. Das zeigt erstens das vorsichtige Annähern bei Schüchternen, zweitens die Dunkelziffer, die einen Zeitungsaufruf oft wochenlang auf dem Schreibtisch liegen hat.

Am 27.5. fand die nächste Veranstaltung in Wolfsburg statt. Leider stand sie erst einen Tag vorher in der Zeitung - was allerdings zum Teil auch an mir lag, da ich zu spät die Freigabe des Pressetextes mailte. Zwei oder drei Interessierte waren da, gemeinsam mit der Gruppe Wolfsburg hatte ich aber ein ausreichendes Publikum.
Da in dem Raum eine Videoanlage zur Verfügung steht, zeigte ich zuerst den NDR-Kurzbericht von 2005 über mich. Dann hielt ich den Vortrag, und diesmal auch auswendig, aber flüssiger.
Die nächste Infoveranstaltung findet am 12.6. in Uelzen statt. Die Presse ist bereits informiert. Persönlich wünsche ich mir als Herausforderung ein noch größeres Publikum als 27.

Julian / Braunschweig


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Neue Bücher für die Mediothek

Nun, wo das Fördergeld für 2008 an den Verein ausgezahlt wird, kann die Mediothek erweitert werden. Geplant ist der verstärkte Ankauf von Materialien zu Selbsthilfestrukturen, Gruppenleitung, Gruppenkrisen und Gestaltung von Treffen. Diese Bücher sind zur Zeit auf dem Einkaufszettel:

Langmaack / Braune-Krickau: Wie die Gruppe laufen lernt
Das Standardwerk zur Gruppendynamik erklärt viele typische Gruppeneffekte wie z.B. die Phasen (siehe Rundbief Dez. 2007) Der Vergleich mit dem Eisberg - 80% der Eismasse unter dem Wasser, 80% der Gedanken der Gruppenmitglieder auf der Gefühlseben - ist sicher geläufig und stammt aus diesem Buch.

Robert Cialdini: Die Psychologie des Überzeugens
Hier werden die verschiedenen Möglichkeiten, Menschen zu überzeugen bis manipulieren - Herdentrieb, scheinbares Ablassen von überhöhten Forderungen, Autorität usw. - ausführlich mit vielen Beispielen dargestellt und auch beschrieben, wie man trotzdem rauskommt. "Warum fällt es so schwer, einen Gefallen abzulehnen, wo doch das Geschenk, das man angenommen hat, zu nichts verpflichtet?"

Jens Baum: Keine Angst vor morgen - Strategien für den Umgang mit Zukunftsängsten
Texte mit solchen Titeln erwecken gern den Verdacht, daß sich dahinter die Atomindustrie versteckt - aber das ist hier anders: Herr Baum ist selbst ein Ex-Betroffener. Sein Buch enthält eine verständliche ausführliche Darstellung von Ängsten, ihrem Ablauf und ihren Spätfolgen. Der eigene Anteil wird deutlich dargestellt, aber immer mit dem Hinweis, wie sich daraus eine Verbesserungsmöglichkeit ergibt.

Die Kunst zu siegen ohne zu kämpfen
Ein Buch, das in vielen Kurzgeschichten über die Philosophie der asiatischen Kampfkünste erzählt - und damit auch, welche Antworten ein anderer Kulturkreis auf Bedrohungen, Ängste und die dazugehörenden Gefühle entwickelt hat. Damit kann es hilfreich sein, auch wenn man wahrscheinlich vieles erst einmal in europäisch-westliche Denkweisen übersetzen muß.


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Das Forum von schuechterne.org

Das Forum auf der Vereinswebseite soll hier für die, die es nicht kennen, genauer vorgestellt werden. Die Webadresse ist
www.schuechterne.org/forum.htm

Einträge lesen kann jeder - ohne Nutzenamen ist der Eingang beim Link "Als Gast das Forum betreten". Um zu schreiben, muß man sich aber mit Namen und Paßwort anmelden. Dann erhält man auch Zugang zu weiteren, weniger öffentlichen Einträgen.
Die meisten Einträge werden jedoch von den Autoren "für alle lesbar" veröffentlicht.

Das Forum ist geteilt in einen Veranstaltungs-kalender und ein - naja, Forum für andere Texte. Zu Einträgen in beiden Bereichen kann man Antworten schreiben, die ebenfalls angezeigt werden, oder die Autoren mit Klick auf ihre Namen anmailen.

Die Gruppen sind dazu da, damit Leute, die sich aus ihren Selbsthilfegruppen kennen, auch im Forum unter sich bleiben können. Das gibt die Möglichkeit, Einträge nur für Mitglieder der eigenen Selbsthilfegruppe zu schreiben (typisches Beispiel: "Ich kann morgen leider nicht"). In eine Forums-Gruppe kann man nicht ohne weiteres eintreten, sondern muß sich unter "Gruppen" dort eintragen und warten, bis ich es freischalte. Dazu frage ich vorher bei der entsprechenden Selbsthilfegruppe nach, ob ihr da wirklich hingeht.

Es ist auch möglich, sich alle neuen Einträge zumailen zu lassen, wen man nichts verpassen will. Bei "Einstellungen" ist der Punkt "Mailliste", dort kann man zwischen "Ja" und "Nein" umschalten.

Auch das Mailadresse verstecken ist möglich bei "Einstellungen". Eine versteckte Mailadresse wird im Forum nicht angezeigt - stattdessen ein Link zu einem Web-Formular, über das man trotzdem anschreibbar bleibt.

Um auf dem Laufenden zu bleiben, gibt es auch den Link "Neue Einträge". Da werden alle Einträge angezeigt, die in den letzten 14 Tagen neu geschrieben oder geändert worden sind. Zum Beispiel ob es eine letzte Änderung zum Grillfest gibt...


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Was kann ich tun?

Im Bericht über die Infoveranstaltungen habe ich von neuen Folien geschrieben. Für alle, die sie noch nicht kennen, möchte ich eine - ich denke: die - davon hier veröffentlichen. Sie beschreibt den Prozeß, durch den alle Selbsthelfer irgendwann einmal durch müssen und den auch ich noch nicht in allen Lebensbereichen geschafft hab. Der Einfluß der aktuellen Renten- und Diätendebatten ist nicht zu übersehen. Hier ist der Originaltext:

Was kann ICH tun?
Obwohl ...
... alles immer schlimmer wird
... die Politiker schon wieder mehr Geld kriegen
... Bush und Bin Laden immer noch frei rumlaufen
... mein Chef / Nachbar / sonstwer mich mobbt
... ich seit 3 Jahren arbeitslos bin
... ich nicht weiß, wie ich Freunde finde
... ich in schwierigen Situationen kein Wort rauskriege
... mir sonst noch einiges im Weg steht
Da gibt es mehr als gedacht!

Was kann ich tun gegen die Hilflosigkeit, die wir viel zu oft kennengelernt haben. Und gegen mehrere typische Ausdrucksformen dieser Hilflosigkeit.

"Alles wird immer schlimmer" ist zunächst ein diffuses Gefühl. Hier kann es helfen, genau hinzusehen: Was genau wird schlimmer? Ist es so wichtig für mich? Wird es wirklich schlimmer oder kann ich mich nicht mehr so gut dagegen wehren? Oder sieht es nur so aus, als würde es schlimmer werden? Ist es heutzutage immer noch so?
Warum Politiker nicht die Lösung sein können - Bush und Bin Laden sind sogar für das Gegenteil bekannt - dafür gibt es zwei Antworten. Die "gute" Antwort: Politik ist dazu da, allgemeine Regeln für die gesamte Gesellschaft aufzustellen, und nicht für den Einzelfall. Die "böse" Antwort: Warte nicht, das sind die selben Politiker, denen du zur Diäten-erhöhung einen polemischen Brief schreibst.
In dem Zusammenhang: Demonstrationen sind zwar eine gute Selbsthilfe, aber allein auch keine Lösung. Sie haben einen Fehler: Wer demon-striert, verlangt von anderen die Lösung der eigenen Probleme. Zwar von Problemen, die nur diese anderen lösen können, aber trotzdem zeigt und erlebt man die eigene Abhängigkeit.

Bei den anderen vier Problemen ist viel eindeutiger, daß in den eigenen Handlungsbereich fallen. Nachbarn kann man sich nicht aussuchen (und Chefs beim heutigen Arbeitsmarkt auch nicht mehr), aber man kann das eigene Selbstbewußtsein trainieren, so daß andere sich das Mobbing kaum noch trauen. Näheres dazu beim nächsten Gruppenabend.
Es geht darum, aus der Schwäche den eigenen Weg zur Stärke zurückzufinden. Es geht darum, in der hohen Mauer aus Problemen und Ärger, die sich vor einem auftürmt, egal wie hoch und wie dick, das Mauseloch zu finden, durch das man diese Mauer hinter sich lassen kann. Egal wie klein, eng oder dunkel dieses Mauseloch wirkt und ob es in die "richtige" Richtung zeigt.

Das klingt schwer bis unmöglich, und wenn ich deprimiert bin, glaube ich selbst nicht, daß es geht. Aber: Eigentlich können wir es bereits.
Im Mauseloch-Finden sind wir sozial Ängstlichen die Besten. Nur eben auf der anderen Seite: Wenn es darum geht, wie wir aus der unangenehmen Situation rauskommen, fällt uns auch immer etwas ein. Unsere Kreativität ist grenzenlos, sobald unsere Angst sie dazu zwingt. Und dann nehmen wir auch gern Ersatz-Unannehmlichkeiten wie fadenscheinige Ausreden, übertriebenen Einsatz usw. auf uns. Können wir diese Stärke so umdrehen, daß sie uns nützt?

Und nun fallen mir noch zwei gute Eigenschaften von Demonstrationen ein: 1. Wenn man seine Meinung durchbekommt, ist das Gefühl "Ich kann andere dazu bringen, auf mich Rücksicht zu nehmen" auch ein Schritt zur Selbstkompetenz und gegen Mobbing. 2. Man kann Kontakt zu anderen, Gruppen, Initiativen usw. finden, mit denen man im Leben weiterkommt. Aber das kann eben wieder "ich" tun.

Julian / Braunschweig


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zuletzt am 16.07.2023 um 12 Uhr 26