Selbsthilfe bei Schüchternheit und sozialer Phobie

 

Rundbrief Dezember 2010

Titelseite

Inhalt:
   - Selbstbewußtseinskurs in Magdeburg
   - Kurzgeschichte "Das kannst du nicht"
   - Gruppenkonto - Entwarnung in Niedersachsen
   - Wie komm ich über die Angstschwelle?
   - Rezension "Recht für Selbsthilfegruppen"
   - Das ist doch mal ehrlich!
   - Rat zum Weihnachtsmann
   - Comic "Fashion"

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ZITAT

"Don't let go!
Never give up - it's such a wonderful life"
("Laßt euch nicht hängen! Gebt nicht auf - es ist solch ein wunderbares Leben")

Aktueller Hit der Gruppe "Hurts"



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Selbstbewußtseinskurs in Magdeburg

Der Volkshochschulkurs des intakt e.V. war erfolgreich. Unter anderem dadurch, daß er auch für seinen Dozenten eine Überwindungs- und Selbstbewußtseinsübung war.
Ich hatte zum ersten Mal einen Tageskurs geleitet. Vorbild war der Kurs "Mehr Selbstbewußtsein" von Frau Gentner, der im Umfeld des intakt e.V. schon mehrere Male angeboten wurde.

Von 10 angemeldeten Personen waren 8 erschienen. Damit konnte der Kurs sinnvoll stattfinden - sowohl für die VHS (nicht zu wenige) als auch für mich (nicht zu viele). Die 6 Stunden konnten beginnen.
Trotz aller Vorbereitung war es für mich ungewiß, wie ich durch den Kurs kommen würde - da ich die Leute vorher nicht kannte. Unsimulierbar war schon das Gefühl, am Lehrertisch zu sitzen, mit der Anwesenheitsliste, meinen Dokumenten - und meiner roten Mütze, mit der ich gewöhnlich die Möglichkeit von Selbstbewußtseinsübungen im Alltag zeige.

Ich begann mit einem einstündigen Vortrag mit Folien. Er basierte auf meinen bekannten Infoabenden, ergänzt um Theorie z.B. aus meiner Diplomarbeit. Bei dieser Mischung fiel mir mitten im Vortrag auf, wie gut die Liste der Schüchternheits-Ursachen (erstellt 2001 von der Gruppe Peine) zu wissenschaftlichen Modellen wie der "erlernten Hilflosigkeit" paßt.
Nach dem Vortrag kamen vier Kurzgeschichten zum Thema (eine davon aus dem intakt-Buchprojekt), die ich - "wer hatte in der Schule Angst davor?" - von Teilnehmern vorlesen ließ.

In der Diskussionsrunde bis zur Mittagspause konnten die Teilnehmer von sich erzählen, was sie erst zögerlich, dann immer mehr taten. Dabei berichtete auch ich von meinen Therapien und Erfolgen - als Beispiel und Vorbild. Es ist ohnehin meine Stärke, sowohl Sozialarbeiter als auch Selbstbetroffener zu sein. Ich weiß ja selbst, wie sehr eigene Erfahrung zur Glaubwürdigkeit beiträgt.

Im zweiten Teil wurden Übungen gemacht, Teilnehmer konnten ihre Schwächen und Stärken kennenlernen. Im Nachhinein sehe ich, wie die Übungen untereinander und mit der Theorie verknüpft werden können. (Z.B. dadurch, daß Grafiken von meinen Folien auch auf den ausgeteilten Zetteln erscheinen).
80 Minuten vor Schluß fiel die erste Sorge von mir ab: da wußte ich, daß das Programm gut für die vorgesehene Zeit reicht, daß ich nicht aus Verlegenheit noch einen Zeitfüller improvisieren müßte. So aber konnte es mit der größten Übung weitergehen: "Sie werden einen kurzen Vortrag halten über Ihre Stärken." "Von da vorne aus?" "Ja selbstverständlich von hier vorne aus."

Manchmal kamen mir Bedenken, wenn ich bei Einzelnen immer wieder nachhakte und hartnäckig aus ihnen rauskitzeln wollte, daß sie doch "besser" sind als sie sich halten. Aber andererseits hatte mein Therapeut dasselbe mit mir gemacht. Ich erhielt folgende Rückmeldung: "Es ist wohl die Spezialität von Psychologen, nach den Stärken zu fragen." Meine Antwort: "Vielleicht, weil es die Spezialität der Gesellschaft ist, nach den Schwächen zu fragen."
Mit Frau Gentners Rat, ein Tagebuch der positiven Dinge zu führen, beendete ich um 16.50 den Kurs.

Wie weit die Veranstaltung allgemein hilfreich war, müssen die Teilnehmer beurteilen. Für mich war sie es auf jeden Fall. Ich habe eine neue Stufe erklettert.
Die Briefträgerarbeit macht jetzt an guten Tagen mehr Spaß - weil ich eine Einkommensalternative hab. Und an schlechten Tagen weniger - ich weiß, daß ich mehr kann als zustellen.

Julian / Braunschweig


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Das kannst du nicht

In dieser Rundbrief-Ausgabe möchten wir einen Text aus dem Preisausschreiben veröffentlichen. Wir sagen natürlich nicht, wer ihn geschrieben hat - also auch nicht, welchen Platz er belegte.

Als ich Ende 2009 zur Reha war, bekam meine Angst endliche einen Namen: Sprechangst. Laut meiner Familie war ich immer 'nur schüchtern gewesen' und 'das man die Persönlichkeit eben nicht ändern kann'. Mittlerweile denke ich aber, dass es für alle bequemer war, dass ich keine Meinung hatte. Ich bekomme oft Bauchschmerzen, wenn ich nicht sagen kann, was ich denke. Während der Reha ging es mir bei einem Telefonat mit meiner Mutter ähnlich. Ich wusste nur nicht, warum. Bis es mir bewusst wurde. Wir hatten als Thema meine Zukunft. Ich habe bisher im Büro gearbeitet und hätte gerne einen Englisch-Kurs gemacht, weil mir Sprachen lernen Spaß macht. Außerdem hätte ich wieder üben können, in Gruppen zu sprechen. Der Kommentar von meiner Mutter war: ?Du solltest über eine Umschulung nachdenken. Und einen Englisch-Kurs kannst du nicht.? Mir fielen mehrere Situationen auch in der Kindheit ein, wo sie gesagt hatte, dass ich dieses oder jenes nicht kann. In dem Moment fingen meine Bauchschmerzen wieder an und ich wurde unruhig. Mir wurde klar, dass es mir nur besser gehen würde, wenn ich mit ihr darüber sprach.
Am nächsten Tag rief ich sie an und sagte: "Gestern hast du etwas gesagt, wovon ich Bauchschmerzen bekommen habe. Zu dem Englisch-Kurs hast du gesagt, dass ich das nicht kann." Pause. Sie hatte schon vergessen gehabt, was sie gesagt hat. "Das hast du früher auch oft zu mir gesagt. Das kannst du nicht, möchte ich nicht mehr hören. Ich kann alles schaffen, wenn ich das will." Stille. "Du hast recht. Du hast schon viel gelernt. Mach weiter so."

Ich bin stolz und immer noch erstaunt, dass ich den Mut dazu hatte. Danach waren die Bauchschmerzen weg und ich war ganz aufgeregt. Ich fühlte mich lebendig.



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Gruppenkonto - Entwarnung in Niedersachsen

In Niedersachsen hat die Selbsthilfe einen letzten Aufschub bei der Einrichtung eines eigenen Kontos erhalten. Wie es in anderen Bundesländern aussieht, wissen wir leider nicht.

Vom Paritätischen Verband Niedersachsen erhielt der intakt e.V. - wie alle Landesverbände der Selbsthilfe - ein Rundmail über den aktuellen Stand seiner Verhandlungen mit den Krankenkassen-Landesorganistionen. Darin heißt es:
"Weiters haben wir [Paritätischer Niedersachsen, d.Red.] das Problem des gesonderten Kontos angesprochen. Die Kassen gehen mit uns konform, daß dieses Erfordernis angesichts der geringfügigen Summen, die einzelne Selbsthilfegruppen erhalten, im Grunde überzogen ist, sehen aber keine Möglichkeit, den GKV-Spitzenverband umzustimmen.
Für 2011 haben die Kassen für Niedersachsen erklärt, noch die bisherige Regelung gelten zu lassen, bei der auf dem Antrag einfach angekreuzt wird, daß das Konto für Zwecke der Selbsthilfe verwendet wird. Die Kassen prüfen dann nicht, ob das nun ein "gesondertes Konto" ist oder nicht. Ab 2012 allerdings wird ausnahmslos die Regelung gelten, daß ein gesondertes Konto für die Selbsthilfefördermittel vorgehalten werden muß."


Einen anderen Tip erhielten wir von einer Gruppe während der letzten Vereinssitzung: Sie hat bei einer deutschen Großbank ein "Vereinskonto" einrichten können. Dieses ist kostenlos, obwohl die Gruppe nicht als rechtsfähiger Verein organisiert ist. Da wir nicht wissen, welche Banken es noch anbieten, sagen wir nicht, bei welcher Bank die Gruppe ihr Konto hat. Fragt einfach bei mehreren.

Ach ja: Und wenn ihr doch Kontogebühren bezahlen müßt - beantragt mehr Geld und schreibt auf den Antrag, wofür ihr dieses Geld braucht. Für die Leute, die die Vorschrift so gewollt haben ;-)


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Wie komm ich über die Angstschwelle?

Wer sozial ängstlich ist, kennt das:
Man hat einen Wunsch. Man traut sich aber nicht danach zu fragen. Man träumt davon, aber weil es unerreichbar zu sein scheint, wird es immer attraktiver.
Man nimmt sich vor, morgen endlich die Sache anzugehen. Es wird übermorgen draus, aber dann ist der selbstgesetzte Termin doch da. Man kriegt kein Essen runter, weiß aber, daß es sein muß. Man hört noch ein wenig aufputschende Musik ("I'm walking on sunshine, and it's time to feel good, hey!"), und geht los. Noch ein Umweg.
Und dann steht man auf der Straße, zwei Blocks von dem Laden weg, wo man hinwollte. Statt dort gelangt man in einen Hinterhof, wo einen die Leute nicht sehen. Wie jetzt weiter? Doch hingehen, erstmal bleiben, die ganze Aktion auf morgen verschieben und schon wissen, daß es dann genauso enden wird?
Aus den Texten des intakt-Buchprojekts, der Ratgeberliteratur und natürlich auch aus meinen eigenen Erfahrungen habe ich die folgende Liste zusammengestellt. Was kann man tun? Das:

Die mutigen fünf Sekunden: Kurz vor Beginn der Situation kommen die Gedanken. Jedes Argument dafür zieht eins dagegen nach sich, jedes Gegenargument führt zu einem dafür. So bist du irgendwann am Punkt, "jetzt mach ich's!" Wenn du es tust, bevor der nächste Gegen-Gedanke kommt, ist die Entscheidung gefallen.
Nachteil: 1. Nicht machbar, wenn man einen festen Termin hat. 2. Bewußt in die Situation zu gehen macht hinterher mehr Selbstbewußtsein.

Angst aushalten, trotzdem tun: Mit der Zeit kann die Anspannung lästig werden. Das ewige Aufschieben kann umschlagen in ein Verlangen, die Geschichte jetzt zu Ende zu bringen. Alles Zittern hält nicht mehr vom Weg ab. Unaufhaltsam geht es voran. Dann brauchst du plötzlich keinen guten Grund mehr, um es zu tun, sondern einen guten Grund, um es nicht zu tun.
Vorteil: Man erlebt die Angst bewußt und ihre erfolgreiche Überwindung noch mehr. Nachteil: Siehe "Termin" - wenn man einen solchen hat, ist der womöglich schneller gewesen als die Überwindungslust kommt.

Zynismus: Wenn eh alles beschissen ist, was interessiert dich noch die Meinung der anderen Leute? Wenn alles egal ist, kannst du es genausogut tun.
Vorteil: Gibt eine realistische Sicht auf die Wichtigkeit der Meinung der anderen Leute. Nachteil: Wenn man die Aufgabe bestanden hat, ist nicht mehr alles schlecht, man hat was zu verlieren und die Meinung der anderen wird doch wichtig.

Frieden finden: Stell dir vor, wie du die Situation noch retten kannst, wenn sie wirklich so außer Kontrolle geraten sollte wie befürchtet. Geh nicht mehr die Katastrophenszenarien durch, sondern deren Bewältigungsideen.
Vorteil: Man kommt von der Anspannung runter, entschärft die Situation vorher. Nachteil: Können aus den gefundenen Auswegen neue Katastrophenszenarien erwachsen?

Das kleinere Übel: Bitte vorher die Leute in deiner Gruppe um den Druck, den du brauchst. Gib ihnen 100 Euro Pfand. Und sag ihnen: "Wenn ich es gemacht hab, gebt mir das Geld wieder, ansonsten eine Spendenquittung der NPD mit meinem Namen drauf."
Vorteil: Man steht im Wort gegenüber anderen und gegenüber dem eigenen Gewissen. Nachteil: Wer bringt das Geld zur NPD?

Ersatzangebote: Wenn es nur darum geht, etwas zu bekommen, bekommst du es auch ohne das Risiko, dich lächerlich zu machen? Kannst du z.B. das Zeug im Internet bestellen, wo man keinen Verkäufer ansehen muß? Vorteil: Man kommt einfacher ans Gewünschte, lernt, wo man sich das Leben leichter machen kann. Nachteil: Vom Durchwursteln wird man nicht selbstbewußter.

Nulllösung: Verzichten. Kannst du auch ohne dieses Ding leben, das dir so auf der Seele liegt und an das du dich nicht rantraust?
Vorteil: Man lernt, seine Wünsche zu überdenken, macht sich unabhängig vom "Bedarf", den man verspürt. Nachteil: Es sieht zu sehr nach feigem Ausweichen aus. Und irgendwann muß man doch raus ins Leben.

Welche Lösung in der konkreten Situation die beste ist, ist immer anders, mal die eine, mal die andere, eben was sich im Hinterhof spontan entwickelt.
Aber auf jeden Fall: Sobald du die Situation erst einmal angefangen hast, wird es einfacher. Der erste Streß geht bald weg, mit den Minuten wirst du sicherer. Also tu es - und freu dich hinterher, daß du es geschafft hast. "Walking on sunshine" klingt dann nämlich noch viel besser.

Julian / Braunschweig


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Inhaltsangabe und Rezension
Selbsthilfezentrum München (Hg.); Mitleger-Lehner, Renate: Recht für Selbsthilfegruppen

In welcher der vielen rechtlichen Formen von Zusammenschlüssen von Menschen kann sich eine Selbsthilfegruppe (SHG) wiederfinden? Welche Rechte genießt sie, wenn sie sich als "nicht eingetragener Verein" ansieht? Was unterscheidet sich bei einer "Gesellschaft bürgerlichen Rechts" (GbR)? Welchen Pflichten muss oder sollte eine SHG nachkommen und welche Vorteile kann sie sich als eher loser Zusammenschluss von Ehrenamtlichen und Betroffenen leisten?

Renate Mitleger-Lehner, Fachanwältin für Familienrecht in München, ließ aus einem anfänglichen Vortrag entstehen, welches durchaus als "Muss" in der Handwerkssammlung einer Selbsthilfegruppe angesehen werden kann.

In überschaubarer und einfach gegliederter Darstellung fasst Mitleger-Lehner die wichtigsten rechtlichen Berührpunkte von Selbsthilfegruppen mit den vorwiegend auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bezogenen Gesetzen und Paragrafen zusammen.

In ihrer Einführung stellt Mitleger-Lehner sehr deutlich an der geschichtlichen Entwicklung der Selbsthilfebewegung dar, dass die heute in Deutschland geschaffenen Konstrukte für eingetragene Vereine nur eine unzureichende Flexibilität zulassen, die den meisten Selbsthilfegruppen als losem Zusammenschluss von Betroffenen und Hilfesuchenden nicht gerecht werden.

In einer ersten Beurteilung kommt Mitleger-Lehner zum Schluss, dass die BGB-Gesellschaft (GbR, s.o.) als die den meisten Gruppen am ehesten entgegen kommende Rechtsform den Anliegen und Strukturen von SHGen am häufigsten entspricht.

Mitleger-Lehner spricht aber auch unverhohlen an, dass auch eine BGB-Gesellschaft und ein nicht eingetragener Verein ihre Anforderungen an eine Gruppe stellen, die nicht in erster Linie juristisch, sondern auch auf breiter Ebene psychologisch von Bedeutung für die Arbeit derjenigen sind, die sich im Bereich der "Selbsthilfe" engagieren. So ist die Verteilung von Aufgaben zum Schutz und zur Grenzziehung für jeden Verantwortlichen und Aktiven in der Gruppe eine Absicherung und bringt zudem Rahmen und Struktur in die SHG ein.

Was in Vereinen als Satzung gilt, wäre im Falle der GbR ein "Gesellschaftervertrag". Teilnehmer, die sich als Mitglieder der Gruppe verstehen, legen gemeinsame Eckpunkte der SHG fest, die über die üblichen "Gruppenregeln" hinaus gehen. Zweck, Ziel, Förderung des Zwecks, Motiv und Wille und Formfreiheit sind hierbei Schlagworte, die den SHG auch entgegen kommen: Nicht nur, dass sie eine schriftliche Grundlage ihres Tuns festhalten können; auch viele der bürokratischen Prozesse bleiben SHGen in dieser Rechtsform erspart. Mitleger-Lehner spricht aber auch das wesentliche Thema der Haftung, welches Selbsthilfegruppen gerade bei beratenden Tätigkeiten begegnen kann. Empfehlungen von Therapeuten, Kliniken und Ratschläge zu Medikamenten - nicht selten sind diese Themen ein wesentlicher Kernpunkt von Selbsthilfegruppenstunden. Um nicht der "Rufschädigung" bezichtigt zu werden oder sich dem Vorwurf des "geschäftsschädigenden Verhaltens" ausgesetzt zu sehen, gibt es einen wesentlichen Aspekt, der gerade von Gruppenleitern im Gespräch und in ihrer Information mit Teilnehmern und sich Erkundigenden berücksichtigt werden sollte: Alle Tipps beruhen auf persönlichen Erfahrungen. Dieser Zusatz lässt die Aussage nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben.
Generell muss für Gruppenleiter auch die Sicherheit angesprochen werden, die ihnen im Fall von Konfrontation beispielsweise mit depressiv und suizidgefährdeten Personen zusteht: Nur bei einer vorsätzlich unterlassenen Hilfeleistung kann der Gruppenleiter oder die Gruppe zur Verantwortung gezogen werden.

Beim Thema "Öffentlichkeitsarbeit" geht Mitleger-Lehner hauptsächlich auf den Bereich "Internet" ein. Sowohl auf gedruckten Flyern als auch auf einer Homepage ist die Angabe eines Verantwortlichen notwendig. Um die Anonymität zu wahren, kann ggf. auch die Anschrift der Selbsthilfekontaktstelle repräsentativ genannt werden. Auf einer Website ist das Impressum deutlich zu kennzeichnen und zusätzlich mit Tel.-Nr. und eMail-Adresse zu versehen. Vorsicht gilt bei der Nutzung von Fremdbildern und -texten. Gesetzte Links sollten auf ihren Inhalt geprüft werden.

Letztendlich formuliert Mitleger-Lehner noch Grundsätze in Versicherungsfragen: In der Regel gilt hierbei, dass der Gruppenleiter (nicht die Mitglieder!) von der Sammelversicherung der Bürgerschaftlich Engagierten automatisch abgesichert sind. Die private Haftpflicht eines jeden Teilnehmers in einer SHG tritt für Schäden an Dritten, die Unfallversicherung nur für denjenigen, der versichert ist. Manche Versicherungen haben die Haftung für ehrenamtliche Tätigkeiten aus der Versicherungsleistung ausgeklammert. Dies ist in jedem Fall zu berücksichtigen.
Zusätzlich ist eine öffentlich-rechtliche Versicherung (z.B. über BGW) empfehlenswert, die jedoch wiederum nur für die Funktionsträger einspringt.
Andernfalls wäre für die gesamte SHG eine private Gruppenversicherung anzudenken.

Steuerrechtlich relevante Fragen tauchen erst bei der Erhebung von Mitgliedsbeiträgen oder dem Entgegennehmen von Spenden (z.B. auch Flohmarkterlöse) auf. Dann gelten alle Vorgaben für rechtsfähige genauso wie für nicht rechtsfähige Vereine. Die jeweilige Freigrenze ist zu beachten. In der Kontoführung empfiehlt sich aus Gründen der Transparenz ein eigenes Gruppenkonto. Sollte die Gruppe Fördermittel von Land, Kommune, Krankenkasse, Rehabilitationsträger oder sonstigen Einrichtungen erhalten, ist über die Zielsetzung der Gruppe nochmals nachzudenken.

Renate Mitleger-Lehner ist es gelungen, auf einer gut und rasch zu lesenden Seitenzahl einen wesentlichen Einblick in die häufigsten Rechtsfragen für Selbsthilfegruppen zu geben. Mancherorts scheinen die Ratschläge für "Vorkehrungsmaßnahmen" von SHGen für deren rechtliche Absicherung für manchen Laien übertrieben und so manch Ehrenamtlicher fühlt sich eventuell neuen, zusätzlichen und zeitfressenden Aufgaben gegenüber gestellt, wenn es um die Beachtung aller Hinweise geht. Mitleger-Lehner versucht die Wirren der Paragrafen auf ein sprachlich allseits verständliches Niveau zu bringen und hat es geschafft, nur die maßgeblichsten Gesetzestexte aufzuzeigen - und somit das Maß an Konfusion so gering wie möglich gehalten.

Das Buch dürfte Selbsthilfegruppen an vielen Stellen die Möglichkeit zum Nachdenken geben und vor allem auch anregen, sich über Zielsetzung, Zweck und die Verortung im rechtlichen, aber auch gesellschaftlichen Leben bewusst zu werden. Die Autorin schafft auch den Spagat, die Selbsthilfegruppe als lose, freie und ungebundene Zusammenkunft von Betroffenen anzuerkennen und ihnen bürokratisch gesehen so wenige Hürden als möglich zuzuordnen - und gleichzeitig den Wert und auch die instanzliche Bedeutung einer Selbsthilfegruppe durch ihre rechtlichen Verpflichtungen und Rechte hervorzuheben.

"Recht für Selbsthilfegruppen" ist kein juristischer Fachschmöker, sondern ein Anreiz für Selbsthilfegruppen, sich mit der eigenen Struktur auseinander zu setzen, Übereinkünfte und Grundsätze verbindlich festzuhalten, die bisherige gesellschaftliche Einordnung zu reflektieren und sich durch Inputs auf den Weg einer ausreichenden, aber nicht übertriebenen Absicherung im Geflecht der deutschen Gesetzgebung und sinnvoller Regelmaßstäbe zu begeben. Die Eindeutigkeit der Aussagen nimmt übermäßige Verantwortung von den Gruppenfunktionären und ermutigt im Gegenzug, durch ein Mindestmaß an Klarheit unnötige Schuldvorwürfe und Unklarheiten in den Rechten und Pflichten einer Selbsthilfegruppe auszuräumen.

Verlag: AG SPAK
ISBN: 978-3-94086502-1
Preis: 16 EUR (darf vom Fördergeld bezahlt werden)

Dennis Riehle
Selbsthilfegruppenleiter und Sprecherrat im Selbsthilfenetzwerk "kommit" im Landkreis Konstanz
Geschäftsstelle "kommit": Benediktinerplatz 1, 78467 Konstanz, Tel.: 07531/800-1787, Fax: -1788
www.selbsthilfe-kommit.de


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Das ist doch mal ehrlich!

Wir kennen diesen Dialog: "Wie gehts?" "Gut." Das ist normalerweise nur eine Begrüßungsfloskel, nicht so gemeint. Ich übersetze es gern als: "Ich will nicht wissen, wie es dir geht, aber ich freu mich, dich zu sehen." "Ich würde dir auch nie verraten, wie es mir geht, aber ich freue mich auch, dich zu sehen." Eine andere solche Leerfloskel - im Winter vielleicht weniger - ist "Scheißwetter!" Achtet mal drauf, bei wie vielen Wetterlagen das Wort zum Einsatz kommt.
Da hebt es sich deutlich ab, was ich auf der Rückfahrt von einer Gruppe gehört hab. Zwei Jugendliche auf dem Weg zur Disco trafen sich im Bus. Ich möchte den Begrüßungsdialog hier 100%ig wortgetreu wiedergeben:
"Wie gehts?"
"Und dir?"
"Danke."

Julian / Braunschweig


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Und zum Schluß noch ein Rat - falls der Weihnachtsmann doch existiert und vor euch steht:

Tut's euch nicht verscherzen,
zündet an die Kerzen!
Schaut ihm auf die Rute,
spielt ihm auf der Tute.
Denn ihr müßt bedenken:
Er wird euch beschenken!


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Comic Fashion


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zuletzt am 16.07.2023 um 12 Uhr 26