Selbsthilfe bei Schüchternheit und sozialer Phobie

 

Rundbrief Oktober 2020

Titelseite

Inhalt:
   - Warum Resilienz psychisch Kranken hilft
   - Hilfestellen in Braunschweig - Adressen-Nachträge
   - Wie nennt ihr "das Ding"?
   - "We Gates dear?"
   - Wortsuchrätsel

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ZITAT

"Nemo enim potest personam diu ferre."
("Niemand kann auf Dauer eine Maske tragen.")

Seneca, römischer Philosoph (1.Jh.)



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Warum Resilienz psychisch Kranken hilft!
Widerstandskraft für seelische Rückschläge

ZUSAMMENFASSUNG
   - Rückschläge bei psychischen Erkrankungen sind keine Seltenheit.
   - Vertrautheit mit der eigenen Krankheit hilft, erneute Einbrüche zu meistern.
   - Information über die Erkrankung und Wissen um die persönliche Widerstandskraft härten ab.


Vor rund einem Jahr traf es mich wie ein Schlag: Von einem Tag auf den nächsten schienen die Erfolge, die ich durch jahrelange Psychotherapie erreicht hatte, wie verpufft zu sein. Nachdem ich über lange Zeit hinweg seelisch stabil gewesen bin, tauchten plötzlich meine alteingesessenen Zwangsgedanken, meine Ängste und meine Depressionen wieder in meinem Leben auf. Ein Rückfall wie aus dem Bilderbuch: Ich fürchtete mich vor dem Aufstehen, zog mir aus Sorge vor jedem neuen Tag die Bettdecke über den Kopf, begann mit ständigen Schuldvorwürfen und hatte kaum eine Perspektive, wie es in meinem Leben weitergehen sollte. Durch meine ehrenamtliche Tätigkeit in der Selbsthilfe hatte ich schon vielen Ratsuchenden in solchen Situationen geholfen. Doch wie sollte ich nun damit umgehen, dass ich nun selbst betroffen war? Natürlich kannte ich mich aus, litt ich doch schon "ewig" an diesen seelischen Problemen, die mir keineswegs fern waren. Doch die Dimension, die Plötzlichkeit und die Heftigkeit dieses Rückstoßes ließen mich einigermaßen hilflos dastehen.

Heute geht es mir wieder deutlich besser - und ich habe die Chance, mit ein wenig Abstand auf die Wegstrecke zu blicken, über die ich mich zurück in einen einigermaßen normalen Alltag gekämpft habe. Zweifelsohne hat mir das Wissen um meine Widerstandskraft recht großen Halt gegeben, als ich mich in der Tiefe des seelischen Abgrunds befand. Denn hinter all den Tälern, die wir durchschreiten müssen, liegt die Erkenntnis über unsere unglaubliche Fertigkeit, wiederkehrende Gefahren durch unser Erlerntes überwinden zu können. Seien es die vielen Methoden und Techniken, die wir aus der Expositionstherapie mitnehmen konnten. Seien es die Gedanken der Vernunft, die wir im kognitiven Verhaltenstraining aufgenommen haben. Oder seien es die ganz persönlichen Rituale, die Übungen für eine gestärkte Persönlichkeit oder die Fähigkeiten, mit Stress umgehen zu können - all das macht uns stark, weil wir einen Rucksack an Ressourcen mit uns tragen. Von der "To-Do"-Liste, die mich ablenkt, über die Achtsamkeit, mit der ich meine Körpergefühle in andere Bahnen lenke, bis hin zu Selbsthilfemanualen und die gemeinsame Gruppe, in der wir uns an den gegenseitigen Erfahrungen stärken können. Für das Überwinden eines Rückschlags ist das Vertrauen in die eigene Resilienz von großer Bedeutung.

Auch ich musste mir eingestehen, dass ich für den Notfall Rüstzeugs bedarf, das mich wieder an eine Perspektive denken lässt. Da ist es die Sammlung mit positiven Sprüchen, die mir angelegt habe und immer wieder mit neuen Merksätzen fülle, die mich an positive Lebensqualität erinnern. Es sind aber auch die CDs mit Entspannungsmelodien, die mich auch in dunklen Zeiten berühren und aus manch einer Krise hinausgebracht haben. Oder mein Adressbuch, in dem alle Menschen verzeichnet sind, die ich bei Bedarf um Unterstützung bitten kann - Freunde, Bekannte und Verwandte, denen meine seelische Verfassung bekannt ist und für die ich keine langen Worte gebrauchen muss, um ihnen meinen aktuellen Zustand darzustellen. Es sind Bilder, die ich selbst gezeichnet und mit Unterstützung fachkundig gedeutet habe, welche mir schlussendlich aufzeigen, dass die Farben des Alltags kräftig leuchtend sind. Und es ist eine Kerze, die ich gestalten durfte und die mich zur Ruhe bringt, wenn ich aus dem Gleichgewicht falle. Die Zuversicht, dass ich meine Krankheit kenne und mich von ihr nicht so leicht aus dem Takt bringen lasse, kräftigt mein Selbstbewusstsein. Denn ich bestimme selbst, wovon ich mich beeindrucken lasse - ich habe es schon oft geschafft, Herr über meine Leiden zu sein.

Ich will Menschen ermutigen, die nach Rückfällen die Hoffnung verlieren, dass es irgendwann doch noch besser wird. Unsere psychische Verfassung schwankt und die Krisen treten episodisch auf. Warum soll es nach einem Tiefschlag also nicht wieder bergauf gehen? Ja, ich weiß selbst, wie schwarz die Welt wirkt, wenn wir inmitten einer Depression nicht einmal daran glauben können, den nächsten Tag zu überstehen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns nicht nur Werkzeug an die Hand geben, mit dem wir Selbsthilfe betreiben können. Zu einer optimalen Vorbereitung auf den nächsten Rückschlag gehört auch, eine psychologische und medizinische Anlaufstelle zu haben, der ich vollends vertraue. Ein Psychiater, ein Psychotherapeut und ein Hausarzt, ebenso wie eine stationäre Einrichtung, in die ich auch kurzfristig aufgenommen werden kann. Es gibt viele Menschen, die aufgrund von Krankheiten ständig mit neuen Schüben rechnen müssen. Je besser wir uns vernetzt haben, desto sanfter fallen wir. Es braucht ein Einrichten in den Grenzen unserer Erkrankung. Nein, wir müssen uns keinesfalls der Übermacht von schlechten Gedanken geschlagen geben. Aber wir sollten unsere seelischen Defizite als einen Teil unseres menschlichen Daseins annehmen. Akzeptieren ist nicht tolerieren.

Eine der wichtigsten Informationen, die mir als Betroffener im Umgang mit meiner psychischen Erkrankung geholfen hat, war der Hinweis auf die vielen Millionen Mitpatienten, die ähnliche Schicksale durchstehen müssen. Schließlich ist die Aussicht darauf, die Schwere der Lasten nicht alleine schultern zu müssen, bei jedem neuen Rückfall heilsam. In der Verbundenheit, mit unseren Ecken und Kanten im Alltag gemeinsam anzustoßen, lässt sich manch eine Wiederkehr von Symptomen deutlich leichter verkraften. Wir finden Unterstützung bei Gleichgesinnten, die mit ihren eigenen Erfahrungen Ratgeber für uns sein können. Es tut gut, Geschichten zu hören, die den unsrigen gleichen. Nehmen wir uns Zeit, ihre vielen Argumente der Hilfe auf Papier zu bringen und sie im Portemonnaie oder in der Hosentasche mit uns zu tragen. Damit werden auch wir zum Multiplikator der guten Ideen, die wir zu anderen Erkrankten weitertragen können. Rückfälle sind stets ein Schlag in die Magengrube. Doch wir härten ab und können irgendwann widerstehen. Auch ich habe mich nach dem vergangenen Jahr der persönlichen Weltuntergangsstimmung wieder bekrabbelt. Damit möchte ich ein Zeichen setzen, nicht zu verzagen. Zusammen schaffen wir es, unseren Hirngespinsten Paroli zu bieten.

Dennis Riehle
Martin-Schleyer-Str. 27, 78465 Konstanz
Mail: Riehle(ä)Riehle-Dennis.de
Web: https://www.dennis-riehle.de


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Adressen-Nachträge: Hilfestellen in Braunschweig

Nach unserer Adressenliste "Hilfestellen" im vor-letzten Rundbrief wurden uns mehrere Institutionen genannt, die ebenfalls in diese Liste gehören. Wir möchten sie hiermit nachtragen.
Natürlich gilt auch hier: Wer nicht in Braunschweig wohnt, findet ähnliche Angebote am eigenen Wohnort. Die Vereine dort heißen zwar anders, bieten aber Ähnliches.

Beratung zu eigenen Kindheits-Erfahrungen
Jugendamt
Eiermarkt 4-5, 38100 Braunschweig
0531-4708415
kinder.jugend.familie(ä)braunschweig.de

Soziotherapie
Ambet
Triftweg 73, 38118 Braunschweig
0531-25657-0
ambet.de

Lavie Reha
Fallersleber Straße 12, 38154 Königslutter
05353-9518-0
lavie-reha.de


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Wie nennt ihr "das Ding"?

Bei Alten und Gehbehinderten ist es häufig, daß sie ihrem Rollator oder Rollstuhl einen ironischen Namen geben. Meistens eine teure Automarke wie Mercedes oder Porsche.
Durch Corona hat sich für alle ein Hilfsmittel eingebürgert, das einerseits zwar wirklich hilft, indem es die Tröpfchen mit den Viren aus dem Atem filtert. Aber auch einschränkt. Nicht umsonst "mußte" es per Pflicht verordnet werden. Da reiht es sich ein in die Tradition von Gewalt und Zwang, die schon seine nächsten Verwandten Sturmhaube, Burka und Maulkorb begleitet. Das übliche "M-Wort" wiederum wird nicht nur im Karneval benutzt, sondern - siehe Zitat - auch dabei, sich vor anderen zu verstecken, sie nicht die wahren Gefühle/Absichten erkennen zu lassen.

Der Humor, der aus einem Rollstuhl einen "Porsche" macht, dürfte also auch am "Ding" angesetzt haben. Welche Worte habt ihr dazu? Auch wenn ihr selbst keins benutzt: in den vielen Gesprächen zu "dem einen Thema", die mitzuhören im Büro, Bus etc. kaum vermeidbar ist, werden solche Worte fallen.

Ich selbst bevorzuge das Wort "Lätzchen" - manchmal in den Erweiterungen "Kleckerlätzchen" oder "Schlabber-lätzchen" - und wenn ich es nach Verlassen des Ladens abziehe, atme ich demonstrativ kräftig aus.

Julian / Braunschweig


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"We Gates dear?"

ZUSAMMENFASSUNG
   - Warum wird gerade Bill Gates wegen Corona gehaßt?
   - Freakige Ausschnitte aus seiner Karriere
   - Noch ein Beispiel, warum Aktiv-Werden sich lohnt


Graffiti zu Bill Gates und CoronaDie Gerüchte über Corona drehen sich um Bill Gates, den Gründer von Microsoft und später einer gemeinnützigen Stiftung, die weltweit eine bessere Gesundheitsversorgung unterstützt.
Um Sinn, Unsinn und Funktion einer Verschwörungs-bewegung geht es mir hier nicht. Daß die Hilflosigkeit der Forschung und der Politik, das Wechselspiel aus schrillen Alarmparolen und planlosem Aktionismus auf Widerstand stößt, war immerhin klar. Alle konnten das schon vorher absehen, denn bei Themen wie Einwanderung, Terror und Umwelt ist es genauso.

Nein, meine Frage ist: Wie hat es gerade Bill Gates geschafft, zum Zentrum der Paranoia zu werden? Warum nicht der amerikanische Geheimdienst, der angeblich alles weiß und alles kann? Oder Claudia Roth, die im Verschwörungs-Milieu sowieso immer die Schuld bekommt? Bill Gates und Claudia Roth haben sogar einen Karriereschritt gemeinsam: das abgebrochene Studium. Ob die "Szene" bei Gates genauso penetrant darauf rumreitet wie bei Roth?
Was hat er so alles getan, was den Verdacht gegen ihn plausibel erscheinen läßt?

Er bekommt sicher viel Neid ab, weil die Gates-Stiftung das Geld offener investiert als die Pharmaindustrie, weil sie effizienter verwaltet wird als staatliche Entwicklungs-hilfe und weil sie den Bedürftigen viel mehr hilft als Anti-Sonstwas-Krawalldemos. Aber auch zu diesem Neid mußte er sich erst hinarbeiten. Wie?
Zu Bill Gates wird gern das Foto seiner ersten Microsoft-Belegschaft belacht. Es ist im Internet leicht zu finden, Google-Bildersuche "Microsoft 1978". Wer es nicht kennt, sehe es sich dort an. Die Haare, Bärte und Brillen der elf Leute sind hippie-freakig, sogar wenn man die damalige Mode als Standard nimmt. Manche wirken wie Figuren aus "Monty Python" oder "Big Bang Theory". Bill Gates ist der auffällig dünne Junge unten links, mit Scheitel und hellblauem Kragenhemd. Er paßt genau in die Vorstellung vom einsamen Streber, der sich nicht auf den Schulhof traut.
Das Bild wird oft kommentiert mit der ironischen Frage "Hätten Sie investiert?". Wer Geschäftsleute nach der "seriösen" Kleidung bewertet, hätte das nicht getan.

Noch ein anderes Detail an seinem Lebenslauf fällt mir auf: seine Heirat war erst im Jahr 1994. Als seine Software schon auf Hunderten Millionen Computern lief, damit weltweiter Standard war und er schon weit vorn in der Vermögens-Weltrangliste. Nur ein Jahr später konnten beliebte Comedyshows Witze über seine Software "Windows 95" reißen - und alle haben diese Witze verstanden (→1).
Warum hat er nicht eher geheiratet? Was war bis dahin? Hatte er kein Interesse an Frauen oder Frauen kein Interesse an ihm? Läßt sich daraus das selbe schließen wie aus seiner Frisur von 1978 - Superfreak, "der nur zum Pinkeln und Pizzaholen vom Computer aufsteht"?
Anders gesagt: Ist er einer von denen, die wegen sozialer Probleme in unseren Gruppen auftauchen?

Ohne Zweifel andererseits besteht ein großer Einwand: Bill Gates hatte extrem viel Glück, daß gerade er einen wichtigen Auftrag der wichtigen Firma IBM bekam (→2). Aber genauso zweifellos hätte er dieses Glück nicht gehabt, wenn er nicht selbst was getan hätte. Wenn er keine Programmierung gelernt oder keine Firma gegründet hätte.
Wenn er den Auftrag nicht bekommen hätte, hätte er es zwar nicht zum Corona-Verdächtigen geschafft. Aber: seine Firma hätte trotzdem seinen Lebensunterhalt erwirtschaften können, und den einer Familie. Er wäre trotzdem nicht in die Armut abgerutscht, in der "Freaks" oft landen.

So oder so: ein Beispiel mehr, daß Aktiv-Werden sich lohnt. Es muß nicht in der Software sein oder in der Weltrettung, aber es muß eine Eigeninitiative sein. Wie groß sie wird, zeigt sich später.

Julian / Braunschweig

↑1 "Windows 95", benannt nach dem Jahr der Veröffentlichung, war unstabil und stürzte zu oft ab. Einer dieser Witze: "Microsoft meldet rote Zahlen. Vermutlich hat Bill Gates seine Finanzplanung mit Windows 95 gemacht."

↑2 Im Jahr 1980 für "MS-DOS", das Betriebssystem der ersten "Personal Computer"




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Wortsuchrätsel

Wortsuchrätsel

Die Wörter können waagerecht, senkrecht oder schräg versteckt sein und in jede beliebige Richtung laufen.
Die Lösung steht im Internet auf unserer Webseite: www.schuechterne.org/suchloesung.htm

Zu finden sind:

zwei Themen des Rundbriefs: RESILIENZ, BILLGATES
zwei Städte mit intakt-Gruppen: CELLE, UELZEN
was im Leben gesucht wird: SINN
zwei Nahrungsmittel: KAESE, SALAT
unverheiratet: LEDIG
"Festland" ist einer davon: VERLAGE
eine Phobie: SOZIAL
ein Angst-Dachverband: DASH
ein Ort, wo dessen Veranstaltung war: WEDEL
was wir Schüchternen eben sind: ANDERS
ohne Umwege und Verzögerungen: STRINGENT
eine Stadt, in der das gleichnamige Haus steht: HALLE
was eine Halle an jeder Seite hat: KANTE
eine deutsche Stadt in Brasilien: BLUMENAU
zwei italienische Städte: PISA, ASTI
ein russischer Wald: TAIGA

... und natürlich zweimal INTAKTVEREIN.


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zuletzt am 16.07.2023 um 12 Uhr 26